Kassenarbeitsplätze

Arbeitsbereiche, in denen Kassiertätigkeiten mit oder ohne Warenverkehr durchgeführt werden (z.B. Einkaufsmärkte, Einzelhandelsgeschäfte, aber auch Banken).

Belastungen an der Kasse

Kassiertätigkeit = Zahlungsverkehr ohne oder mit zugehörigen Tätigkeiten, wie

  • Steuerung des Warenflusses, z.B. Warenzu- und –abführung, Warenmanipulation
  • Warendurchlaufkontrolle
  • Verpackung der Ware

Physische: für den Stütz- und Bewegungsapparat, die Wirbelsäule, Rücken- und Halsmuskulatur - bei andauerndem Sitzen; Belastung für die Beine, Venen - bei überwiegend stehender Tätigkeit.

Psychische und die der Umgebungsbedingungen: Stress durch Zahlungs- und Kundenverkehr, Zugluft, Kälte, Hitze, Lärm …

Durch eine entsprechende ergonomische Gestaltung sollen diese Einflüsse reduziert werden. Die Gestaltung dieser Arbeitsplätze soll arbeitsphysiologischen und –psychologischen Grundsätzen entsprechen.

Ergonomie - gesetzliche Anforderungen

Im Arbeitsschutz sind die spezifischen Anforderungen für Kassenarbeitsplätze zum Teil nur sehr allgemein geregelt. Folgende Vorschriften, die an Kassenarbeitsplätzen von Bedeutung sein können, sind jedoch relativ detailliert geregelt

Ist Kassentätigkeit Bildschirmarbeit?

Kassenarbeitsplätze, die optische Anzeigen, wie Daten- oder Messwertanzeigevorrichtungen oder Monitore aufweisen, sind Bildschirmarbeitsplätze.

  • Für Registrierkassen mit kleinen Daten- oder Messwertanzeigevorrichtungen sind Abweichungen von ergonomischen Anforderungen für Bildschirmarbeitsplätze nach Art der Zweckbestimmung zulässig, z.B. für Bildschirm und Tastatur.
  • Kassenarbeitsplätze mit Monitoren als optische Anzeigen sind Bildschirmarbeitsplätze auf die die Vorschriften nach ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und Bildschirmarbeitsverordnung (BS-V) ohne Abweichung zur Anwendung kommen.

§ 67 ASchG und § 68 ASchG sowie BS-V

Ergonomie - Stand der Technik

ÖNORM A 5910 „Kassenarbeitsplätze - Anforderungen“ kann als Stand der Technik zur Konkretisierung von Arbeitsschutzvorschriften für die Neu- und Umgestaltung von Kassenarbeitsplätzen herangezogen werden.

Der Anwendungsbereich dieser Norm ist auf die Neu- und Umgestaltung von Kassen-Arbeitsplätzen beschränkt. Die ergonomischen Anforderungen der Norm zielen, wie die bisher geltenden Kassen-Arbeitsplatz-Erlässe, darauf ab, die Belastungen für das Kassenpersonal auf ein ergonomisch vertretbares Minimum zu reduzieren und somit gesundheitlichen Gefahren, Unfallgefahren und Beeinträchtigungen vorzubeugen.

Ergänzende Bemerkungen zur ÖNORM A 5910/2004

Steh-Sitzkassen- und Sitzkassen-Arbeitsplätze

Im Sinne von § 61 Abs. 5 ASchG sind den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Kassiertätigkeit Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen, wenn die Arbeit im Sitzen verrichtet werden kann. Dies ist der Fall für:

  • ausschließliche Kassiertätigkeit ohne oder
  • Kassiertätigkeiten mit nicht zu großer und/oder schwerer Warenhandhabung, die innerhalb der Armreichweite liegt

Derartige Kassenarbeitsplätze liegen in der Regel in diversen Selbstbedienungsmärkten (Supermärkten, Elektronikmärkten etc.) vor.

Im Allgemeinen bleibt es den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern überlassen, ob gemäß § 61 Abs. 5 ASchG ein Steh-Sitzkassen- oder Sitzkassen-Arbeitsplatz zum Einsatz kommt. Folgende Entscheidungshilfen, welcher der beiden Kassentypen in welchen Fällen günstiger ist, können jedoch empfohlen werden:

Sitz-Kassen

  • Innerhalb der Schicht Wechsel der Kassiertätigkeit mit oder ohne Warenmanipulation mit anderen Tätigkeiten. Tätigkeitswechsel: z.B. Regaleinschlichten
  • Handhabung kleiner und leichter Waren (regelmäßig kleiner 5 kg selten größer)

Steh-Sitz-Kassen

  • Innerhalb der Schicht ausschließlich Kassiertätigkeit mit oder ohne Warenmanipulation. Kein Wechsel mit anderen Tätigkeiten
  • Handhabung kleiner und leichter Waren (regelmäßig kleiner 5 kg selten größer) oder größeren, unhandlicheren und schwereren Waren.

Wann kann ein Steh-Kassenarbeitsplatz zugelassen werden?

Überall, wo auf Grund des Arbeitsablaufes, wie Kundenbetreuung oder Auswahl und Aushändigen der Waren, der Kassenbereich regelmäßig über die Armreichweite hinaus verlassen werden muss, muss kein Kassen-Arbeitsstuhl zur Verfügung gestellt werden. Wird der Arbeitsablauf geteilt, und eine Person zum Kassieren (in Armreichweite) eingesetzt, so ist aber ein Kassen-Arbeitsstuhl zur Verfügung zu stellen.

Derartige Kassenarbeitsplätze liegen in der Regel in Verkaufsgeschäften mit Kundenbetreuung und Bedienung (Trafiken, Greißler, Textil- und Schuhverkauf) vor. Klar ist, dass in diesen Fällen ex lege gemäß § 49 Abs. 4 AAV Sitzgelegenheiten zum zeitweisen Sitzen während der Arbeit oder in den Arbeitspausen zur Verfügung zu stellen sind.

Stehhilfen an der Kasse

Stehhilfen sind erst ab einer entsprechende Verweilzeit an der Kasse macht während des Arbeitsablaufes sinnvoll.

Manuelle Lasthandhabung bei der Warenmanipulation

  • Unhandliche (große, sperrige) und schwere Lasten lassen sich im Sitzen nicht gut manipulieren. Dies ist für den Arbeitsablauf bei der Warenzuführung zu beachten. Für derartige Waren gilt:
  • Ist die Last > 10 kg oder sehr unhandlich sollte sie im Einkaufswagen bleiben oder
  • eine andere Preiserfassung erfolgen. Z.B. Teilerfassung, Erfassung durch Handscanner oder Erfassung durch andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
  • Im Sitzen müssen die häufig zu manipulierenden Lasten ≤ 5 kg sein. Selten zu manipulierende Lasten (≤ 1/4 h je Schicht) sollten 10 kg nicht überschreiten.
  • Schwere und/oder unhandliche Lasten sollten zur Preiserfassung nach Möglichkeit gar nicht manipuliert werden müssen. Hier bieten sich z.B. Handscanner zur Preiserfassung an.
  • Sind aus Gründen der Unhandlichkeit oder Lasten der Waren keine Arbeitsabläufe möglich, die unter Berücksichtigung obiger Anforderungen eine dauernde sitzende Tätigkeit zulassen, so sind je nach vorliegendem Einzelfall Steh-Sitzkassen- oder Stehkassen-Arbeitsplätze mit oder ohne Stehhilfe zulässig.

Gestaltungsprinzipien

Bei der Gestaltung sind jedenfalls zu berücksichtigen:

  • die jeweilige Kassieraufgabe
  • die Ausführung je nach Art des Kassenarbeitsplatzes, verschiedene Kassenarbeitsplatztypen
  • die Konstruktion des Kassentisches inklusive Arbeitsflächen und Positionierung von Geräten und Bedienteilen sowie Anforderungen für den Kassenzu- bzw. -abgang
  • die Fußbodengestaltung einschließlich des Ausmaßes der freien unverstellten Flächen und der Beinfreiräume.

Zur räumlichen richtigen Gestaltung von Kassenarbeitsplätzen sowie der Anordnung der Waren, Geräte und Bedienteile werden anthropometrische Daten (Maßverhältnisse des menschlichen Körpers und deren exakte Bestimmung) herangezogen. Da Kassiertätigkeit meist von Frauen ausgeführt wird, werden die Daten von Frauen zur Beurteilung herangezogen (ÖNORM A 5910).

Anthropometrie

  • Sicht- und Greifgeometrie
  • Bewegungsräume und Bewegungsfreiräume
  • Freiraum für Ausgleichsbewegungen
  • Körperhaltungen im Stehen und im Sitzen

Die statistische Aufbereitung der Körpermessdaten erfolgt in Perzentilen. Wesentlich für die Tätigkeiten am Kassenarbeitsplatz sind:

  • 5. Perzentil : Kennwert für KLEIN - nur 5% kleiner = Erreichbarkeitsmaß, z.B. Greifräume für Waren, Geräte und Bedienteile
  • 95. Perzentil: Kennwert für GROSS - nur 5% größer = Innenmaß, z.B. Beinfreiraum (Kassenunterbau), Freiraum in der Kassenbox
  • 50. Perzentil: Maß für die überwiegende Nutzung durch unterschiedliche Gruppen von Personen, z.B. Türklinken, Schalter.

Arbeitsflächenhöhen - optimale Gestaltung ca. 5 cm unter Ellenbogenhöhe

Zusätzlich von der durchschnittlichen Arbeitsflächenhöhe der Waren bestimmt (je höher die Waren - umso niedriger die Arbeitsflächenhöhe). Arbeitsflächenhöhe

  • für Steh-Sitzkassen und Stehkassen günstig: 88 - 93 cm, tolerierbar - ab 85 cm für Frauen, bis 95 cm für Männer
  • für Sitzkassen günstig: 75 - 78 cm, tolerierbar - 72 - 81 cm.

Beinfreiräume

  • für Steh-Sitzkassen und Sitzkassen: Höhe mind. 65 cm; Breite: mind. 58 cm
  • für Stehkassen: Fußraumtiefe 42 cm (mit Stehhilfe) und 21 cm (ohne Stehhilfe)

Greifräume gemessen ab Arbeitsflächen-Vorderkante

  • kleiner maximaler Greifraum (häufige Tätigkeiten)
    Greifraumtiefe im Stehen: 45 cm
    Greifraumtiefe im Sitzen bzw. für das Steh-Sitzen: 30 cm
  • großer maximaler Greifraum (seltenere Tätigkeiten)
    Greifraumtiefe im Stehen: 57 cm
    Greifraumtiefe im Sitzen bzw. für das Steh-Sitzen: 42 cm.

Zugangsbreite zur Kassenbox

  • mind. 60 cm - falls Begrenzungen bis oder über Schulterhöhe reichen oder für Doppelkassentische
  • mind. 50 cm - falls Begrenzungen nur bis zur Hüfthöhe reichen, z.B. Einzel- oder Tandemkassentische.

Kassen-Arbeitsstühle

  • drehbar
  • ohne Armlehnen
  • fünfstrahliges Untergestell auf Rollen
  • verstellbar in der Sitzflächenhöhe und Rückenlehnenneigung

Stehhilfen

  • höhenverstellbar: ca. 65 - 80 cm
  • Tiefe der Sitzfläche: ca. 15 cm.

Fußstütze, Fußauflage - erforderlich bei Sitz- und Steh-Sitzkassen mit nicht höhenverstellbarer Arbeitsfläche

  • Höhenverstellbereich mind. 14 cm
  • Neigungsverstellung mind. 0°-20°
  • Tiefe mind. 35 cm.

Scanner

  • Festinstallierte horizontale Scanner
    Lesefeldmitte innerhalb des kleinen maximalen Greifraumes.
  • Bi-Optical-Scanner
    Lesefeld-Vorderkante mind. innerhalb 22 cm Tiefe von der Arbeitsflächen-Vorderkante, max. 25 cm
  • Handscanner
    in Armreichweite; für sperrige Waren, z.B. in Baumärkten.

Tastatur bei Steh-Sitzkassenarbeitsplätzen mit Bi-Optical-Scannern

  • Die Tastatur muss jedenfalls innerhalb der erforderlichen Tiefe und/oder Höhe für die stehende Körperposition liegen, d.h. die Tiefe muss innerhalb des großen maximalen Greifraumes liegen (Greifraumtiefe ab Arbeitsflächenvorderkante: maximal 570 mm), und sie darf in der Höhe maximal 200 mm über der Arbeitsflächenhöhe liegen.
  • Die Tastatur muss gegenüberliegend zum Kassenpersonal (Hauptorientierungsrichtung) angeordnet sein, d.h. Scannen und Registrierung der Waren sind ohne Verdrehen des Körpers möglich.
  • Die Frequenz der Registrierung über die Tastatur muss durch Einsatz von Scannern hoher Lesesicherheit minimiert sein, d.h. mindestens Einsatz von Bi-Optical-Scannern oder diesen hinsichtlich erforderlicher Frequenz der Tastaturbetätigung vergleichbaren Scannern.
  • Ein wahlweiser Wechsel von stehender und sitzender Körperhaltung muss möglich sein, d.h. gilt nur für Steh-Sitz-Kassenarbeitsplätze. 

Kassenarbeitsplatztypen

Sitzkasse: dauerhaft ergonomisch ungünstig; innerhalb einer Schicht Wechsel mit anderen Tätigkeiten; z.B. Regalbedienung, Ausgleich durch dynamisches Sitzen - Ausgleichsbewegungen

Steh- Sitzkasse: ergonomisch günstig - Dynamisierung der Körperhaltung; Tätigkeitswechsel wahlweise innerhalb einer Schicht

Stehkasse mit/ohne Stehhilfe: in Verkaufsgeschäften mit Kundenbetreuung und Bedienung (Trafiken, Greißler, Textil- und Schuhverkauf) und als Ausweich- und Expresskasse im Lebensmittelhandel oder in Drogeriemärkten

Orientierungshilfen und Stand der Technik

Letzte Änderung am: 22.03.2023