Lenken von Arbeitsmittel durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Hörbeeinträchtigung

Das Schutzziel sicherer und gesunder Arbeitsplätze des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) gilt für alle Beschäftigten. Auch Arbeitnehmer/innen mit Behinderungen bzw. Gesundheitseinschränkungen sollen durch die ASchG-Bestimmungen ausreichend geschützt, aber nicht aufgrund allfälliger gesundheitlicher Einschränkungen oder Behinderungen benachteiligt werden. Ein ex lege-Beschäftigungsverbot oder Beschäftigungsberänkungen für Personen mit Behinderungen normiert das ASchG nicht. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine Beschäftigung ohne Gefährdung (allenfalls unter bestimmten Bedingungen) möglich ist. Oft ist weniger ein besonders gefährliches Arbeitsumfeld problematisch für eine Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit z.B. Gehöreinschränkungen, sondern der Umstand, dass die betrieblichen Arbeitsschutzmaßnahmen grundsätzlich (für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) nicht ausreichend wirksam gestaltet sind.

Besondere technische oder arbeitsorganisatorische Maßnahmen an den Arbeitsplätzen und im Betrieb können auch Menschen mit Gesundheitseinschränkungen oder Behinderungen eine Tätigkeit als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ermöglichen, etwa durch Maßnahmen zur Ergonomie des Arbeitsplatzes oder spezielle Sicherheitseinrichtungen. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden auch dazu auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit, der menschengerechten Arbeitsgestaltung und des Gesundheitsschutzes und bei der Erfüllung ihrer Pflichten von den Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner entsprechend beraten und unterstützt (Präventivdienstbetreuung 7. Abschnitt ASchG). Generell sind die Arbeitsbedingungen nach Möglichkeit für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend zu verbessern bzw. zu adaptieren. Der laufende technische Fortschritt und die Weiterentwicklung von Schutzmaßnahmen ermöglichen es weitgehend, die Gefahren und Belastungen am Arbeitsplatz so zu reduzieren oder ganz auszuschalten, dass meist auch eine Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Gesundheitseinschränkungen bzw. Behinderungen an den Arbeitsplätzen erfolgen kann:
Bei gehörlosen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vor allem optische Signalsysteme und Unterweisung wesentlich - eine Beschäftigung ist so etwa auch in Lagerhallen mit LKW-Verkehr möglich, wenn bestimmte Adaptierungen des Arbeitsplatzes bzw. der Tätigkeit (Eingliederung in die Arbeitsorganisation) erfolgen. Dazu gehören u.a.

  • betriebliche Kommunikation und Unterweisung mittels Gebärdendolmetscherin und Gebärdendolmetscher (bestmöglich erlernen einzelne Kolleginnen und Kollegen Gebärdensprache)
  • optisches oder taktiles Signalsystem (statt akustischer Signale)
  • sehr gute Beleuchtung (damit optische Signale gesehen werden können)
  • gegebenenfalls Spiegel im Raum bzw. am Fahrzeug/selbstfahrenden Arbeitsmittel.

Die Maßnahmen gemäß § 23 Abs. 2 AM-VO basieren auf weitgehend uneingeschränktem Sehsinn und wirken dem ASchG entsprechend zum Schutz aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von deren sonstigen individuellen Voraussetzungen, indem die Gefahrenbekämpfung an der Quelle ansetzt und verbleibende Risken bestmöglich reduziert werden. Für die Beschäftigung von gehörlosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wäre darüber hinaus lediglich ein Personenrufsystem für Hörgeschädigte, für die Übermittlung von Alarmen und Benachrichtigungen vorzusehen. Kommunikation und Unterweisung sind mittels Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetscher möglich. Zu empfehlen wäre, dass zumindest einzelne Kollegen/Kolleginnen einschlägige innerbetriebliche Mitteilungen in Gebärdensprache vermitteln können.

Letzte Änderung am: 11.06.2021