Muskel- und Skeletterkrankungen
Arbeitsbedingte Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) sind in Europa trotz vielfältigster Präventionsbemühungen weit verbreitet und gehören zu den häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen in Europa.
Muskel- und Skeletterkrankungen sind nicht nur für jeden einzelnen Betroffenen belastend und verursachen menschliches Leid. Sie stellen auch Betriebe, Volkswirtschaft und Gesellschaft vor eine große Herausforderung, da sie zu den häufigsten Ursachen von Behinderungen, Krankschreibungen sowie Frühpension bzw. Invaliditätspension zählen.
Von arbeitsbedingten Muskel- und Skeletterkrankungen spricht man, wenn gesundheitliche Probleme der Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel, Gefäße, Nerven bzw. anderer Weichteile oder Gelenke des Bewegungsapparates hauptsächlich durch die Arbeit selbst verursacht oder verschlimmert werden. Arbeitsbedingte Muskel- und Skeletterkrankungen sind meist kumulative Störungen infolge chronischer Arbeitsbelastungen.Belastungen und Risikofaktoren
Soziodemografische Merkmale, Firmengröße, Branche und Beruf gelten als viel weniger wichtig als Arbeitsanforderungen und Ressourcen.
Zu physischen und biomechanischen Risikofaktoren zählen unter anderem
- manuelle Handhabung von Lasten, insbesondere beim Beugen und Drehen des Körpers
- gleichförmig wiederholte (repetitive) oder kraftbetonte Bewegungen
- ungünstige und statische Körperhaltungen und -bewegungen
- Erschütterungen (z.B. Ganzkörper- und Hand-Arm-Vibration)
- mangelhafte Beleuchtung oder kalte Arbeitsumgebungen
- schnell getaktete Arbeitsabläufe
- längeres Sitzen oder Stehen in derselben Position (einseitige Belastung)
- geringe physische Aktivität am Arbeitsplatz („Bewegungsarmut“)
Zu organisatorischen und psychosozialen Risikofaktoren zählen unter anderem
- hohe Arbeitsanforderungen und geringe Autonomie
- keine Pausen oder keine Möglichkeiten, die Arbeitshaltungen zu verändern
- hohe Arbeitsdichte, hohes Arbeitstempo, Zeitdruck
- lange Arbeitszeiten oder Schichtarbeit
- Mobbing, Belästigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz
- geringe Arbeitszufriedenheit
- geringe soziale Unterstützung (inkl. Information)
- Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben
Ganz allgemein gelten als Risikofaktoren, die MSE erhöhen, alle psychosozialen und organisatorischen Faktoren (insbesondere in Kombination mit physischen Risiken), die zu Stress, Erschöpfung, Angstzuständen oder anderen Reaktionen führen können.
Zu individuellen Risikofaktoren zählen unter anderem
- Krankheitsvorgeschichte
- körperliche Leistungsfähigkeit
- Lebensweise und Gewohnheiten (z.B. Rauchen, fehlende körperliche Bewegung, hoher Body-Mass-Index)
Dies und mehr findet sich auf der Website der EU-OSHA.
Die Arbeitsinspektion stellt Interessierten eine Checkliste zur Beurteilung von Belastungen bei Jugendlichen und Erwachsenen zum Download zur Verfügung.
Ganzheitlicher Präventionsansatz
Ein ganzheitlicher Präventionsansatz, mit einer sinnvollen Verknüpfung von Partizipation und multidisziplinären Herangehensweise, kann die Multikausalität von MSE aufgreifen. Dabei werden verschiedene Risikofaktoren nicht einzeln betrachtet, sondern gemeinsam in Verbindung gebracht und Arbeitsbedingungen mit einer Kombination an organisatorischen, technischen und persönlichen Maßnahmen verbessert.
Im
Merkblatt Muskel- und Skeletterkrankungen im Gesundheitsschutz (PDF, 0,1 MB)
geht die Arbeitsinspektion auf den ganzheitlichen Präventionsansatz ein und gibt einen Überblick über physische, organisatorische, psychosoziale und individuelle Belastungen und Risikofaktoren von Muskel- und Skeletterkrankungen. Zusätzlich werden beispielhaft Maßnahmen (organisatorische, administrative, technische etc.) aufgezeigt, durch die eine Reduktion von Muskel- und Skeletterkrankungen erreicht werden kann. Zudem enthält es Tipps für betriebliche Umsetzungsstrategien.
Wichtige Aspekte der Prävention arbeitsbedingter Muskel- und Skeletterkrankungen werden auf einfache Weise im Kurzvideo der EU-OSHA Kampagne vorgestellt. Es zeigt, wie effizient einfache Präventivmaßnahmen bei der Bekämpfung der schmerzhaften Erkrankungen sind.
Verbesserungen der ergonomischen Arbeitsbedingungen erfolgen durch eine ganzheitliche Betrachtung der Arbeitsplätze und der daraufhin gesetzten, ineinandergreifenden Maßnahmen.
Betriebliche Good Practices aus Österreich
Schwerpunkte zum Thema Muskel- und Skeletterkrankungen
EU-OSHA führte von Oktober 2020 bis Oktober 2022 eine Kampagne zum Thema Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) mit dem Titel „Gesunde Arbeitsplätze – entlasten Dich!“ durch.
Die Arbeitsinspektion unterstützte diese Kampagne mit einer breit angelegten Beratungsoffensive, einem Beratungs- und Kontrollschwerpunkt mit dem Fokus auf Jugendliche und junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie mit der Durchführung des MSE-Schwerpunktes des Ausschusses Hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC) 2022.
Nähere Informationen zu den Schwerpunkten, Ergebnisse, Erfahrungen der Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren und praktische Lösungen enthält der Bericht Muskel- und Skeletterkrankungen – Initiativen der Arbeitsinspektion 2021 und 2022.
Den zusammenfassenden Abschlussbericht in englischer Sprache zur Europäischen Kampagne finden Sie auf der PUBLIC-CIRCABC -Web-Site: SLIC MSD Campaign 2022_Final Report_final version.pdf.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) setzte 2021 - 2022 ebenfalls im Rahmen der EU-OSHA Kampagne einen Schwerpunkt zur Prävention arbeitsbedingter Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE). Was sind arbeitsbedingte MSE? Was sind Arten und Ausprägungsformen von MSE? Wer ist betroffen? Kompakte Antworten auf diese Fragen und weiterführende Möglichkeiten für Betriebe sich beraten zu lassen finden Sie unter "Packen wir's an!".
Muskel- und Skeletterkrankungen bei sitzender Tätigkeit
Langes Sitzen kann für den menschlichen Körper gefährlich werden. Besonders Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Bildschirmarbeitsplätzen sind betroffen.
Die Prävention von MSE ist auch im Homeoffice von besonderer Bedeutung. Durch Telearbeit bedingte MSE betreffen in der Regel den unteren Rücken, Nacken, Schultern, Arme, Hände und Handgelenke. Die Ursachen sind multifaktoriell, wobei ergonomische, organisatorische, umgebungsbedingte und psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen.
Auf der Website der Arbeitsinspektion befinden sich umfangreiche Informationen zu Telearbeit und Homeoffice.
Die EU-OSHA Kampagne hat einen Schwerpunkt auf Telearbeit gelegt, Informationsmaterial für Arbeitnehmende und Arbeitgebende finden Sie unter Healthy Workplaces LIGHTEN THE LOAD 2020-22.
MSE und Psyche
Weiterführende Informationen
- Informationen zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen finden Sie unter menschengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen.
- EU-OSHA Muskel- und Skeletterkrankungen
Zahlen, Fakten, Tools und Informationsmaterialien zu Muskel- und Skeletterkrankungen - Prävention von Muskel- und Skeletterkrankungen in einer vielfältigen Erwerbsbevölkerung: Risikofaktoren für Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie LGBTI-Personen
Dieser Bericht (dzt. nur in Englisch verfügbar) untersucht die Prävalenz von Muskel- und Skeletterkrankungen (MSE) und die damit verbundenen physischen, psychosozialen, individuellen und organisatorischen Risikofaktoren in drei spezifischen Arbeitnehmergruppen: Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie LGBTI-Personen. Es wird erörtert, warum diese Personengruppen öfter Risikofaktoren für MSE ausgesetzt sind und eine höhere Prävalenz gesundheitlicher Probleme, einschließlich MSE, als andere Arbeitskräfte aufweisen. - Mögliche Einstiege für Gespräche über Muskel- und Skeletterkrankungen am Arbeitsplatz
Die in diesem Bericht beschriebenen Szenarien wurden für Beschäftigte entwickelt, die Aufgaben ausführen, die Muskel- und Skeletterkrankungen verursachen können, sowie für deren Manager und Vorgesetzte.
Letzte Änderung am: 05.02.2024