Wasserstoff und Arbeitsschutz
Die aktuell vermehrte Verwendung von Wasserstoff in Brennstoffzellen und bei Produktionsprozessen (z.B. für "grünen Stahl") wirft die Frage auf, wie Wasserstoff aus Sicht der Arbeitsinspektion zu beurteilen ist.
Was ist Wasserstoff und in welchem Kontext ist er relevant für den Arbeitsschutz?
Wasserstoff ist das leichteste chemische Element. H2, also Wasserstoff als Molekül, ist ein Gas, welches besonders leicht ist, aus besonders kleinen Teilchen besteht und besonders reaktionsfreudig gegenüber Sauerstoff ist. Ein Wasserstoff-Sauerstoffgemisch wird nicht ohne Grund „Knallgas“ genannt. Auch wenn das Verbrennungsprodukt dieser Reaktion Wasser und damit sehr harmlos ist, kann die Reaktion sehr schnell mit extremem Druckanstieg erfolgen. Da Wasserstoff so volatil ist, kann er auch bei kleinsten Undichtheiten oder bei ungeeigneten Werkstoffen austreten. Auch sind die Konzentrationsgrenzen, innerhalb derer eine Explosion möglich ist, bei Wasserstoff deutlich größer als bei anderen Gasen. Die untere (UEG) und obere (OEG) Explosionsgrenze liegen bei Wasserstoff bei 4 und 77 Vol%. Zum Vergleich: bei Methan erstreckt sich die Spanne zwischen 4,4 und 16,5 Vol%. Daher kann nicht nur der Austritt von Wasserstoff in Luft, sondern auch das Eindringen von Luft in wasserstoffgefüllte Anlagenteile zu einer explosionsfähigen Atmosphäre führen. Aufgrund der geringen Dichte sind die Bereiche, in denen sich Wasserstoff ausbreitet, dann auch meist größer und anders geformt als bei anderen Gasen.
Aus Sicht des Arbeitsschutzes: Was ist bei Wasserstoff besonders zu beachten?
Wasserstoff stellt primär eine Explosionsgefahr dar. Um diese einzudämmen, müssen bereits bei Planung und Errichtung der Anlage viele Aspekte berücksichtigt werden. So sind manche Stahlsorten und Gusseisen nicht für Wasserstoff geeignet, da sie gegenüber Wasserstoff nicht dicht sind. Kupfer, Messing, Aluminium, Gummi, einige Kunststoffe, Carbon und Silikon können, sofern es Temperatur- und Druckbedingungen zulassen, prinzipiell verwendet werden.
Sekundärer Explosionsschutz wird aufgrund der geringen benötigten Zündenergien von Wasserstoff häufig nur sehr schwer möglich sein. Zum Vergleich: die Mindestzündenergie von Wasserstoff beträgt 0,019 mJ, jene von Methan 0,28 mJ – das ist fast ein Faktor 20.
Die Anlage ist gebaut und genehmigt – wie kann ich meinen Arbeitnehmer:innen den Umgang mit Wasserstoff erklären?
Eine wichtige Rolle spielt die Unterweisung über die Besonderheiten von Wasserstoff und über gesetzte Maßnahmen. So ist wichtig zu wissen, dass bei Wasserstoff Zündquellen wirken können, die über „das übliche Maß“ hinausgehen, und dass Dichtheit eine besonders große Rolle spielt.
Beim Umgang mit Wasserstoff ist oft auch spezielle PSA notwendig, z.B. ableitfähiges Schuhwerk, ableitfähige Schutzkleidung und ableitfähige Handschuhe.
Ebenso ist ein Löschen von Wasserstoffbränden mit Löschmitteln meist nicht möglich. Hier muss nach dem Schließen von Absperreinrichtungen auf das Ausbrennen gewartet werden, da andernfalls ein Rückschlag in die Rohrleitung erfolgen kann. Eine Kühlung von benachbarten Anlagenteilen ist zulässig.
Auch Heißarbeiten müssen mit hinreichend Abstand zur Zone durchgeführt werden, da Funken, die bei Wasserstoff eine effektive Zündquelle sind, bis zu 10 Meter weit fliegen können.
Letzte Änderung am: 23.07.2024