Kosten von Arbeitsunfällen

Was kostet ein Arbeitsunfall die Betriebe eigentlich? Stefanie Wunderl, Ökonomin und Expertin für Präventionsökonomie bei der AUVA, liefert hier Antworten und zeigt, warum es wichtig ist, die Kosten von Arbeitsunfällen zu kennen.


1) Wie viel kostet ein Arbeitsunfall die Betriebe im Schnitt?

Laut unseren Berechnungen kostet ein anerkannter Arbeitsunfall im engeren Sinn, der sich im betrieblichen Kontext ereignet und eine Ausfallszeit von mehr als 3 Tagen zur Folge hat, im Schnitt zwischen € 8.000 und € 9.000. Beschäftigte fallen nach einem solchen Arbeitsunfall im Schnitt fast einen Monat aus. Ein Ausfallstag kostet den Betrieb demnach um die € 330.

In unsere Berechnungen fließen alle an die AUVA gemeldeten und von der AUVA anerkannten Arbeitsunfälle ein. Die nicht-meldepflichtigen Arbeitsunfälle mit weniger als drei Ausfallstagen sind in unseren Daten unterrepräsentiert, da sie der AUVA nicht gemeldet werden müssen. Die Informationen für die Berechnung der Unfallfolgekosten im Betrieb entnehmen wir zum Teil aus den Unfallmeldungen der Betriebe. Das ist auch der Grund, warum es sehr wichtig ist, dass Betriebe die Unfallmeldungen korrekt ausfüllen. Für die Abschätzung des Entgelts, das der Betrieb während eines Ausfalls weiterzahlen muss, werden statistische Einkommens- und Lohnnebenkostendaten herangezogen.

Kennzahlen 2024  Kosten für Betriebe (€) Anzahl Arbeitsunfälle Krankenstandstage Durchschnittliche Kosten pro Unfall (€) Durchschnittliche Ausfallszeit in Tagen
Arbeitsunfälle (ohne Wegunfälle und meldepflichtig) 427.664.528 48.306 1.281.915 € 8.853,24 26,5

 

 

2) Welche Unfälle sind besonders häufig und teuer?

Das höchste Arbeitsunfallrisiko besteht eindeutig bei Tätigkeiten, die z.B. im Gehen, Laufen, Hinaufsteigen oder Hinabsteigen passieren, sprich Sturzunfälle mit Aufprall. Jeder vierte meldepflichtige Arbeitsunfall fällt in diese Kategorie. Ein solcher Fall kostet den Betrieb im Schnitt € 10.000. Handelt es sich im Speziellen um einen Sturzunfall aus großer Höhe, z.B. Absturz von Leitern oder Dächern, dann kostet das den Betrieb durchschnittlich € 12.000 bis € 15.000. Absturzunfälle haben in den meisten Fällen sehr schwere Verletzungen, die einen langen Heilungsprozess benötigen, zur Folge.

Besonders teure Unfälle, die mehr als € 10.000 im Schnitt kosten, entstehen oft, wenn Verunfallte die Kontrolle über eine Maschine oder ein Transport- oder Fördermittel verlieren oder wenn sie von schweren Lasten erfasst werden. Diese Unfälle passieren dank gutem Sicherheitsbewusstsein und entsprechenden Vorkehrungen heutzutage glücklicherweise seltener als Sturzunfälle. Wenn sie jedoch passieren, ist das Ausmaß des Schadens für Versehrte und Betriebe sehr groß. Diese Fälle verursachen oft schwere Verletzungen. Neben menschlichem Leid entstehen für den Betrieb oft hohe Kosten, da man sich um eine qualifizierte Ersatzkraft kümmern muss und der Betrieb samt Maschinen für eine gewisse Zeit stillsteht.

Für die Unfallursachenanalyse ist es wichtig zu erwähnen, dass Unfälle nicht nur eine Ursache haben, sondern oft mehrere Faktoren zusammenspielen. Wenn z.B. ein Bauarbeiter, der im Freien im Sommer intensiver Hitze ausgesetzt ist und unter erhöhten Zeitdruck am selben Tag noch seine Arbeit fertigstellen muss, von der Leiter stürzt, dann kann das Zusammenspiel beider Faktoren – Zeitdruck und Hitze – zum Unfall führen. Bei jedem achten gemeldeten Arbeitsunfall wird eine akute körperliche Belastung bzw. eine akute seelische Überlastung als Ursache im Unfallbericht angegeben.

 

3) Warum ist es sinnvoll, diese Kosten zu berechnen und wie unterstützt die AUVA Betriebe dabei?

Die Unfallfolgekosten sind versteckte Kosten im Betrieb, die ungeplant entstehen. Mithilfe der Berechnung von Unfallfolgekosten kann ich die Lenkung der finanziellen Ressourcen in präventive Maßnahmen gut argumentieren. Wenn ich z.B. im Betrieb ein hohes Risiko der Sturzgefahr erkenne, da solche Unfälle häufig auftreten, kann ich als Betrieb anhand der durchschnittlichen Unfallfolgekosten für diese Unfallursache den finanziellen Schaden ermitteln und die Relevanz für Präventionsmaßnahmen – neben humanitären Gründen – auch finanziell gut begründen. 

Die AUVA bietet ihren versicherten Betrieben eine Abschätzung ihrer Unfallfolgekosten bzw. jener ihrer Branche an. Wir berechnen jährlich die Unfallfolgekosten für Betriebe, für die AUVA und für die Volkswirtschaft und können hier spezielle Auswertungen u.a. nach Verletzungsursachen, Abweichungen vom Normalbetrieb bzw. spezifischen Tätigkeiten bereitstellen.

Ganz allgemein lässt sich die Wirtschaftlichkeit von präventiven Maßnahmen zudem mithilfe des ROP (Return on Prevention) im Betrieb berechnen. Laut einer umfangreichen Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) kommt jeder in betriebliche Prävention investierte Euro in der Regel mehr als doppelt zurück – der ROP liegt demnach bei € 2,2.

Der Nutzen von Prävention kann anhand der verhinderten Unfallfolgekosten sichtbar gemacht werden. Durch eine gelungene Prävention fördert der Betrieb zudem das Wohlergehen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen sowie sein positives Image bei Kund:innen und in der Öffentlichkeit. Diese Faktoren haben großen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens und bringen dem Unternehmen nachhaltig einen großen Nutzen.

Von: Stefanie Wunderl (Ökonomin und Expertin für Präventionsökonomie, AUVA)

Unter folgender Adresse können spezielle Auswertungen zu Unfallfolgekosten angefragt werden: statistik@auva.at 


Mehr über den Nutzen von Arbeitsschutzmaßnahmen auch auf der Webseite der Arbeitsinspektion.

Wusstest du?

Die Arbeitsinspektion legt 2025 einen nationalen Schwerpunkt auf Tischkreissägen, da hier immer noch sehr viele Unfälle (um die 500 pro Jahr) passieren. Von April bis Oktober 2025 wird die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen verstärkt überprüft. Dabei wird auch auf die richtige Verwendung der Tischkreissägen und der persönlichen Schutzausrüstung der Arbeitnehmer:innen, die die Schneidearbeiten durchführen, geachtet. Außerdem führt das Arbeitsinspektorat Niederösterreich Industrieviertel einen regionalen Schwerpunkt über die Benutzung und den Zustand von Winkelschleifern durch, da auch hier nach wie vor viele Unfälle (um die 1.000 pro Jahr) vorkommen. Die Ursachen liegen oft an bestimmungswidriger Verwendung der Handmaschinen (z.B. Abschrauben des Handgriffes, Entfernung der Schutzhaube, Verwendung der Trennscheibe entgegen der Herstellervorgaben) oder Ablegen der Maschine bei nachlaufendem Trennschleifblatt. Um diese Unfälle zu verhindern, ist eine ordnungsgemäße Verwendung zentral. Das zuständige Arbeitsinspektorat berät Sie gerne! 

Durchschnittliche Kosten eines Unfalls mit einer Tischkreissäge: € 13.000

Durchschnittliche Kosten eines Unfalls mit einem Winkelschleifer: € 9.000


Letzte Änderung am: 14.08.2025